16.5. – 26.8.18

Based on these new dependencies, we define five normal forms

Ausstellung

FotoKirill Savchenkov

Jahresthema 2018 Emotional States

Eröffnung  16. Mai 2018, 18 Uhr

Ausstellungsdauer  16.5. – 26.8.18

Führung  11.06., 18 Uhr

Künstler:innen  Agency of Singular Investigations, Elsa Artmann & Samuel Duvoisin, Zbyněk Baladrán, Ilmira Bolotyan, Paula Gehrmann, Pavle Heidler, Marko Gutić Mižimakov, Silvia Marchig, Sonja Pregrad & Elli Kuruş, Adelita Husni-Bey, Anne Krönker, Kirill Savchenkov, Katharina Zimmerhakl sowie Werke aus der Sammlung des MMOMA von: Andrey Brey, Anatoly Eremin,Nicolay Kuprianov, Vera Milyutina, Gerta Nemenova, Alexander Rodchenko, Yefrosinia Yermilova-Platova

Kuratiert durch  Lena Brüggemann

Wie kön­nen wir in einer kom­ple­xen, ver­net­zen und unbe­stän­di­gen Welt agie­ren? In was für Beziehungen ste­hen wir zuein­an­der und von wel­chen träu­men wir? Von der Kernfamilie bis zu Verbünden aus mensch­li­chen und nicht­mensch­li­chen Akteuren – „Based on the­se new depen­den­ci­es, we defi­ne five nor­mal forms“ zielt dar­auf ab, die Entwicklung neu­er sozia­ler Beziehungen anzu­sto­ßen, unar­ti­ku­lier­tes Begehren nach ande­ren Beziehungsweisen aus­zu­drü­cken und alter­na­ti­ve Vorschläge für das Zusammenleben zu machen. Dafür wird in der Ausstellung der Blick auf einen Moment in der Geschichte gewor­fen, in dem uto­pi­sche Formen des Zusammenlebens und ‑arbei­tens aus­pro­biert wur­den. Die Ausstellung und das Begleitprogramm grei­fen Bruchstücke aus dem Proletkult her­aus, um heu­ti­ge sozia­le Beziehungen radi­kal zu rekombinieren.

Die Proletkult-Bewegung wur­de zu Beginn des 20. Jahrhunderts unter ande­rem vom Philosophen und Revolutionär Alexander Bogdanov geprägt. Er sah die Welt als kom­ple­xe Beziehungsgeflechte und ver­trat die Ansicht, dass für eine wirk­li­che Veränderung der Verhältnisse zuerst eine neue Kultur ent­ste­hen müs­se. Innerhalb kur­zer Zeit grün­de­ten sich in Russland Hunderte von Proletkultklubs, ‑ate­liers und ‑fabrik­grup­pen, in denen durch Selbstbildung eine neue, unab­hän­gi­ge, pro­le­ta­ri­sche Kultur ent­ste­hen soll­te, die den Geist des Kollektivs widerspiegelte.

„Based on the­se new depen­den­ci­es, we defi­ne five nor­mal forms“ sucht und spinnt Verwandtschaften und Verbindungen zwi­schen den Werken der MMOMA-Sammlung und zeit­ge­nös­si­schen Werken. Inspiriert von his­to­ri­schen Arbeiterklubs bie­tet die Ausstellung Raum für eine Vielzahl unter­schied­li­cher Nutzungsweisen: als Ort, um Kunst zu erle­ben, aber auch als Bibliothek, Trainingsfeld und Orakel. Eine Fotografie Alexander Rodtschenkos von sei­ner Gestaltung eines Arbeiterklubs für die Weltausstellung 1925 dient als Gegenüber für die rela­tio­na­len Skulpturen von Paula Gehrmann. Diese fun­gie­ren als Rahmen, Kulisse und Ausstellungsarchitektur. Innerhalb die­ser varia­blen Strukturen fin­det ein mehr­tä­gi­ger Workshop von Constanze Müller statt. Sie bringt Mitglieder des D21 Kunstraum Leipzig mit Moskauer_innen zusam­men, die sich mit Fragen von Selbstorganisation aus­ein­an­der­set­zen. Im Workshop wer­den mög­li­che Konflikte dis­ku­tiert und mit ver­schie­de­nen Methoden des Zusammenarbeitens expe­ri­men­tiert. Anne Krönker ver­ar­bei­tet Teile des Fußbodens des D21 Kunstraum zu skulp­tu­ra­len Ordnungen. Diese wer­den, beein­flusst von den Assoziationen und Geschichten des Publikums, in einem Workshop ver­än­dert, wobei die Spuren sicht­bar blei­ben. Adelita Husni Bey und Kirill Savchenkov beschäf­ti­gen sich mit par­ti­zi­pa­ti­ven Methoden und Reformpädagogik: Husni-Beys Videoinstallation ist das Ergebnis eines Workshops, in der  Jugendliche sich vor­stel­len soll­ten, den Mars zu besie­deln. Auch Savchenkov setzt die Idee des Anderswo für sei­ne Performances ein, als Übungsfeld für das Leben in einer unsi­che­ren Gegenwart. Die Arbeit der Agency for Singular Investigations greift Ideen der his­to­ri­schen Avantgarde auf, die Grenzen zwi­schen Kunst und Leben neu zu defi­nie­ren, wobei sie die­se radi­kal neu­in­ter­pre­tie­ren. In einer Petition schla­gen sie vor, die Russische Föderation als Kunstwerk zu dekla­rie­ren. Auch Zbyněk Baladrán und Katharina Zimmerhakl set­zen sich in ihren Arbeiten mit den Utopien der frü­hen zwan­zi­ger Jahre aus­ein­an­der. Sie appro­pri­ie­ren Texte von Bogdanov und sei­nen Zeitgenossen, um sie für ein zeit­ge­nös­si­sches Denken über das Kollektiv nutz­bar zu machen. Elsa Artmann & Samuel Duvoisin unter­su­chen durch tän­ze­ri­sche und male­ri­sche Übungen Systeme, mit denen wir alle ver­traut sind: Mit „fami­ly scores“ laden sie das Publikum ein, klei­ne Handlungen aus­zu­füh­ren, die hin­ter­fra­gen, was Familie sein könn­te. Ilmira Bolotyan ver­folgt die­ses Thema in einer Reihe von Workshops wei­ter. Und schließ­lich lädt “Tarot for collec­ti­ve bodies” von Pavle Heidler, Elli Kuruş Marko Gutić Mižimakov, Silvia Marchig und Sonja Pregrad die Besucher_innen dazu ein, eine Tarot-Lesung für einen kol­lek­ti­ven Körper zu erhal­ten, des­sen Teil sie selbst sind.

How do we rela­te to one ano­t­her? How can we act and orga­ni­ze in a com­plex, inter­de­pen­dent world? From the nuclear fami­ly to assem­blies of human and non­hu­man agents—“Based on the­se new depen­den­ci­es, we defi­ne five nor­mal forms” aims at reflec­ting and nud­ging the evo­lu­ti­on of social rela­ti­ons­hips, arti­cu­la­ting unar­ti­cu­la­ted desi­res towards new rela­ti­ons, and fos­te­ring pro­po­si­ti­ons about how we can live tog­e­ther. In oder to do so, the exhi­bi­ti­on loo­ks at a his­to­ri­cal moment when this situa­ti­on was alrea­dy acu­te: the exhi­bi­ti­on and the accom­pany­ing pro­gram are gea­red towards the resur­rec­tion of the spi­rit of Proletkult to act as a trai­ning ground for the radi­cal recom­bi­na­ti­on social relationships.
“Proletkult” was a move­ment co-foun­ded by the phi­lo­so­pher and revo­lu­tio­na­ry, Alexander Bogdanov, at the begin­ning of the twen­tieth cen­tu­ry. Viewing the world as com­plex net­works of rela­ti­ons­hips, Bogdanov belie­ved that befo­re real chan­ge could take place, a new cul­tu­re had to emer­ge. The aim of Proletkult was self-gover­ned acti­vi­ty. For a short peri­od of time hund­reds of Proletkult-clubs, stu­di­os and fac­to­ry groups exis­ted, in which through self edu­ca­ti­on a new inde­pen­dent pro­le­ta­ri­an cul­tu­re should come into exis­tence that would reflect the spi­rit of the collective.

“Based on the­se new depen­den­ci­es, we defi­ne five nor­mal forms” shows and estab­lis­hes bonds and kin­ships bet­ween the works from the MMOMA collec­tion and con­tem­pora­ry works. The exhi­bi­ti­on space draws inspi­ra­ti­on from the many dif­fe­rent func­tions per­for­med by workers’ clubs. It acts not only as a place to expe­ri­ence art, but also as a libra­ry, a trai­ning ground, and an ora­cle — chan­ging its func­tion accord­ing to the acti­vi­ties taking place.

Jahresthema 2018 Emotional States