Kontakt, vom lateinischen contingere abgeleitet, bedeutet so viel wie „berühren“ und „begegnen“. Kontakt aufnehmen meint also, eine Verbindung zu suchen, Beziehungen aufzubauen und miteinander in einen Austausch zu treten. Kontaktaufnahmen sind die unerlässlichen Notwendigkeiten des menschlichen Lebens, die Fähigkeit zu kommunizieren die wichtigste Kompetenz des Menschen.
Das Ausstellungsprogramm 2020 des D21 Kunstraums wird sich verschiedenen Formen der Kontaktaufnahme widmen. Diese werden dabei als Momente eines gesellschaftlichen Austausches verstanden und hinterfragen, wie wir miteinander in Kontakt kommen und welche Voraussetzungen dies verlangt. Kontakt zu suchen und an andere Personen, Personengruppen oder an die Öffentlichkeit zu treten, bedeutet, die eigene Isolation aufzubrechen, sich als Akteur in gesellschaftlichen Zusammenhängen und Strukturen zu verorten, sich vor allem in Beziehung zum Anderen zu setzen. Diese Aspekte werden durch internationale, zeitgenössische künstlerische Positionen diskutiert und durch ein Rahmenprogramm aus Workshops und Führungen ergänzt.
Ausstellungsprogramm 2020 (Auf Grund der aktuellen Entwicklungen haben sich einzelne Ausstellungsdaten verschoben.)
28. Mai bis 5. Juli
Corpo_reality. cor|po|real {adj} [kɔːɹˈpɔːɹiəl] lat. corporeum. bodily, fleshly, mortal, material
Gruppenausstellung
Körper sind Medien, über die Kommunikation stattfindet. Nonverbal-sensueller Kontakt spielt sich zwischen ihnen ab, von Haut zu Haut und über visuelle Codes, die sie tragen und mittels derer sie gelesen und kategorisiert werden. Sie sind Träger von individuellen Erfahrungswelten, subjektivem Ausdrucksbegehren und kollektiven Zuschreibungen.
Um im Feld des Sichtbaren aufzutauchen eignen sich Körper determinierte Bilder an. Körper normieren, reglementieren und idealisieren sich selbst. Sie nehmen die Gestalt aus bestehenden Bildrepertoires an, von dem sie sich repräsentiert fühlen und können in jener Gestalt erfasst werden. Dieser Akt unterliegt nicht der freien Gestaltung individueller Körper, sondern den normativen Angeboten vorgegebener Körperbilder der umgebenden Gesellschaft. Welche Körper bleiben unmarkiert?
23. Juli bis 30. August
Watzizizezisch. Rebisch, zwog – über Sprachen und Stimmen
Gruppenausstellung
Wer erhebt die Stimme, wer hört zu (muss zuhören, darf zuhören), wer wird gehört: Das sind Fragen, die unter neuen technologischen, politischen und gesellschaftlichen Bedingungen neu diskutiert werden. Die Ausstellung widmet sich dieser Diskussion, denn gesellschaftliche Teilhabe und politische Mitbestimmung beruhen immer auf der Voraussetzung, eine Stimme zu haben und eine Sprache zu finden.
10. September bis 18. Oktober
D21/Solo Irène Mélix
Einzelausstellung
Wir freuen uns, euch mitteilen zu dürfen, wen die Jury aus ca. 40 Bewerbungen für die diesjährige Einzelausstellung im Rahmen des “D21/Solo” ausgewählt hat: Irène Mélix!
Irène Mélix versteht sich in ihrer Arbeit als sowohl künstlerisch als auch politisch handelnde Künstlerin, Dozentin, Kulturwissenschaftlerin, Aktivistin, Suchende und Sprecherin. Aus dieser Haltung ergeben sich verschiedene Arbeitsformen und ‑weisen, die inhaltlich gesellschaftliche als auch ästhetische Fragen berühren: So bilden sowohl dokumentarische Spurensuchen in Archiven und zu konkreten Orten als auch künstlerische Selbstbefragungen und ‑reflexionen den Ausgangspunkt ihrer Arbeiten. Darin thematisiert sie die Unsichtbarkeit lesbischer* Lebensentwürfe oder hinterfragt deren Konstruktion, arbeitet NS-Vergangenheit auf, beschäftigt sich mit den Widersprüchen des Ostens im deutsch-polnischen Kontext oder problematisiert ungerechte Geschlechterverhältnisse.
Im Hintergrund ist dabei immer auch die Frage, welche Rolle man als Künstler:in selbst in diesen gesellschaftlichen und politischen Prozessen einnimmt und wie es um die Arbeitsbedingungen Bildender Künstler:innen steht. Oft entstehen ihre Arbeit in Zusammenarbeit mit anderen oder im Kollektiv.
Einen Überblick ihrer Arbeiten im Jahresprogramm des D21 zu Kontaktaufnahmen zu präsentieren, bedeutet ihre vielschichtigen politischen Bezüge zu einem Gesamtbild zusammen zu fügen, ortsspezifisch entstandenes neu zu situieren, viele Stimmen zu Wort kommen zu lassen, sowie die gesellschaftliche Einbettung des eigenen Arbeitens und des Arbeitens im Kollektiv zu analysieren. Denn ihre mit Witz und pointierter Kritik formulierten Arbeiten verstehen sich in erster Linie nicht als künstlerische Objekte, sondern als Teil gesellschaftlicher Diskussionen und Diskurse.
23. September bis 2. Oktober
Factories of Imagination
Im Rahmen des Jahres der Industriekultur wollen wir die Debatte über die Rolle von Industriekultur in einer wachsenden Stadt vertiefen und insbesondere über ihre kulturelle Nutzung (Fokus: Clubkultur) und ihr zu erinnerndes Erbe diskutieren. Ein Symposium (23. & 24. September | 2. Oktober) und ein Workshop (25. September) sollen Antworten auf diese Fragen geben.
12. November bis 20. Dezember
Is anybody out there?!
100 Jahre Radio in Deutschland
Gruppenausstellung
Im Jahr 2020 jährt sich die erste Sendung eines deutschen Radiosenders (Königs Wusterhausen) zum 100sten Mal – das Radio beschreibt den Beginn der materielosen Übertragung. In der Ausstellung wird das Radiomachen selbst ausprobiert und hinterfragt seine Stärke, seine gesellschaftsrelevanten Werte, seine Rolle und seine Grenzen mithilfe von theoretischen, praktischen und reflexiven Positionen. Der Kunstraum wird zur Radiostation.