Zwei Schwestern auf dem Weg zum Platz. Abwechselnd erzählen sie von ihrem letzten gemeinsamen Fußballspiel. Dabei erinnern sie sich, wie sie als Kinder und Jugendliche erst im Park, später beim 1. FC Union Fußball spielten, und beide denselben Traum hatten: Profi werden. Während der Fußball für die eine Schwester immer noch im Zentrum ihres Lebens steht, hat sich die andere entfernt. Ihre Entscheidung, mit dem Fußball aufzuhören, stellt für beide Schwestern einen Wendepunkt dar.
In den erzählten Spielmomenten und Erinnerungen zeigt sich der Blick beider Schwestern auf sich und auf die gemeinsame Welt. So stehen für die eine Schwester das Erkennen ihrer internalisierten Homophobie, magische Zwangsgedanken und das Festhalten an bisherigen Vorstellungen im Vordergrund, für die andere ihre (Ex-)Beziehung zur Trainerin des Teams, ihre Sehnsucht nach Veränderung und Suche nach Zugehörigkeit. Für beide geht es aber auch um die Suche nach Hinweisen und möglichen Versionen, stellt sich die Frage nach Gründen für die wahrgenommene Entfernung zwischen ihnen. Wo verlaufen äußere und innere Grenzen? Und wie haben sich strukturelle Machtdynamiken, Zuschreibungen und Leistungsdruck auf ihre Beziehung ausgewirkt?
Marie Lucienne Verse studierte Psychologie und Literarisches Schreiben in Leipzig, Hildesheim und Chemnitz. 2020 war sie Finalistin des 28. Open Mike und erhielt den Wortmeldungen-Förderpreis für den Essay Aufschlussfiguren. Veröffentlichungen u. a. in der Tippgemeinschaft, im Jahrbuch der Lyrik 2021 und im DRAMA Magazin für szenische Literatur.Im Duo mit Selma Kay Matter erschienen die Theaterstücke Alice verschwindet und Alias Anastasius bei Suhrkamp Theater, die am Landestheater Linz und am Berliner Ensemble uraufgeführt wurden.