Fr, 17.9.21

Filmabend mit den Filmemacher:innen Ojoboca

Screening

Zeit  20.30

Cineding Open-Air-Kino im Hildegarten, Röckener Str. 44, Leipzig

Ojoboca (Anja Dornieden und Juan David González Monroy): Her Name Was Europa, 2020, 16mm, 76min

Der Auerochse, der wil­de Vorfahre des moder­nen Rindes, gilt als der ers­te doku­men­tier­te Fall von Ausrottung. Der letz­te bekann­te Auerochse starb 1627 im Wald von Jaktorów, Polen.

Die Berliner Filmemacher:innen Ojoboca (Anja Dornieden und Juan David González Monroy) zei­gen mit Her Name Was Europa ver­schie­de­ne Versuche, den Auerochsen wie­der­auf­er­ste­hen zu las­sen. In den 1920er Jahren began­nen die deut­schen Zoologen-Brüder Heck ein Projekt der Rückzüchtung. Lutz und Heinz Heck als Leiter der Zoos in Berlin bzw. München kreuz­ten meh­re­re moder­ne Rinderrassen in der Hoffnung, am Ende eine Kreatur zu erhal­ten, die dem ursprüng­li­chen Auerochsen ähnelt.

Das phan­tas­ti­sche Ziel der Brüder Heck ent­sprach der Ideologie der Rassenreinigung, die damals vom Nationalsozialismus geprie­sen wur­de. Die Brüder Heck ver­such­ten die bio­lo­gi­sche Einheit des Auerochsen, die ihrer Meinung nach durch Domestizierung dege­ne­riert war, wie­der­her­zu­stel­len. Die Auerochsen gal­ten als stär­ker, rei­ner und schö­ner als domes­ti­zier­tes Vieh und ent­spra­chen daher eher dem deut­schen Ideal einer unver­dor­be­nen, heroi­schen Natur.

Der Auerochse, einst das größ­te Landsäugetier Europas, war Symbol der deut­schen Überlegenheit und Macht, doch der Krieg ver­ei­tel­te das Rückzuchtprojekt. Es gibt in Deutschland bis heu­te Heckrinder, die Nachkommen die­ses Versuchs. Dennoch gilt das Projekt der Brüder Heck als wis­sen­schaft­li­ches Unterfangen als gescheitert.

Heckrinder sind die unfrei­wil­li­ge Verkörperung einer para­do­xen Sichtweise. Diese Sichtweise schätz­te die Natur als etwas Ganzes, Reines und Unberührtes, und doch bemüh­te sie sich, sie so zu gestal­ten, dass sie den mensch­li­chen Bedürfnissen und Wünschen ent­sprach. Diese Gestaltung der Natur zum Zweck ihrer Erhaltung setzt sich in der Gegenwart in ver­schie­de­nen Formen fort. Der Film beleuch­tet eini­ge der phy­si­schen Spuren der his­to­ri­schen Entwicklung die­ses Strebens.