„Geboren bin ich in einem Land, das es nicht mehr gibt und in einer Stadt, die es zwar noch gibt, aber heute Chemnitz heißt. Geboren bin ich in Karl – Marx – Stadt.“ (1)
Im Herbst 2019 jährt sich der friedliche Wechsel der sozialistischen Diktatur der DDR zur kapitalistischen Demokratie des Westens zum 30. Mal. Zeitgleich finden in drei ostdeutschen Bundesländern Landtagswahlen statt, die „das Potential haben die Republik extrem zu polarisieren und den inneren Zusammenhalt so sehr zu gefährden wie noch nie nach 1990“ (2).
Die Theaterspiele Mazzotti nehmen dies zum Anlass, die z. T. recht einseitig wirkende Berichterstattung zu hinterfragen und sprechen lieber selbst mit den Menschen, über die so viel geschrieben und debattiert wird. Diese Menschen sind sehr unterschiedlich, aber alle im Osten geboren und aufgewachsen. Sie kommen zu Wort und erzählen uns ihre ganz eigene Wendegeschichte.
Die KünstlerInnen treffen Menschen, in einem Land geboren, das es so nicht mehr gibt, aber in dem sie immer noch ihre Wurzeln haben, ihre Heimat. Was bewegt sie, die sich selber, wenn im Westen lebend, Deutsche in Deutschland also, als Migranten bezeichnen? Wer von ihnen sieht sich als Gewinner, wer als Verlierer? Wovor haben sie Angst und was macht ihnen Mut? Wo sind wir uns fremd? Wann sind wir Freunde? Generalpathologisierungen und Populismus zum Trotz, erleben wir hier Begegnungen auf Augenhöhe, betreten wir einen Raum des Dialogs, in dem Lebenshunger und Neugierde der Motor sind. Aber gerade bei den Älteren unter ihnen gibt es eben auch: Müdigkeit, Enttäuschung, Ratlosigkeit. Ein vielstimmiger, deutsch – deutscher Abend, der uns ahnen lässt, dass wir dem Osten mehr zu verdanken haben als frustrierte AfD-Wähler.
Interview
In unserer Interviewreihe stellten wir Fragen zu Ängsten, Wünschen und dem Erleben der letzten 30 Jahre. Verantwortlich für die Erarbeitung der Fragestellungen sowie die Durchführung der Interviews sind Laetitia Mazzotti und Anne Kotula. Mathieu Mazzotti macht Zitate aus den Interviews auf Plakaten im Stadtraum sichtbar. Ferdinand Nowitzky wird zusammen mit Laetitia Mazzotti am Ende der Recherche das Material präsentieren.
Karten an der Abendkasse (8.- / 6.-€)
Über das Ensemble — Bewegung erzeugt Veränderung erzeugt Entwicklung
Die Theaterspiele Mazzotti, 2016 in Hannover gegründet, bestehen im Kern aus dem Geschwisterpaar Laetitia und Mathieu Mazzotti. Sie wechseln zwischen narrativem Schauspiel, Objekt- oder Figurenbildern, interaktiven Spielen oder mobilen Inszenierungen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Sie interessieren sich stark für kontroverse (Alltags)Kultur. Sowohl freier recherchierte Themen und Texte als auch (Bilder)Bücher und Theaterstücke dienen ihnen als Material für Projekte. Daraus entwickeln sie — abgemischt mit ihren eigenen Erfahrungswerten und in Zusammenarbeit mit anderen KünstlerInnen und ExpertInnen des Alltags — anspruchsvoll — unterhaltsame und impulsgebende Werke.
Laetitia und Mathieu Mazzotti arbeiten außerhalb der Theaterspiele für und mit unterschiedlichsten Gruppen und KünstlerInnen in Berlin, Leipzig, München und anderen Städten in den Bereichen Film, Theater, Performance und Bildende Kunst. Immer wieder kehren sie mit neuen Impulsen nach Hannover zurück.
So entsteht ein barrierefreier Kulturraum der Begegnung und des Dialogs, zu dem unterschiedlichste Menschen Zugang finden.
www.theaterspiele-mazzotti.de
Gefördert vom Kulturbüro der Landeshauptstadt Hannover.
Wir danken allen Menschen, die an diesem Projekt beteiligt sind!
Quellenangaben
(1)Zitat aus einem Interview, Theaterspiele Mazzotti
(2) Keine Lust auf Frust, von Martin Machowecz (aus: Die Zeit, 2 / 2019)