Aus dem Geist der Moderne sind mitÂtels der Konstruktionsmethode Plattenbau weltÂweit groÂße Wohnsiedlungen entÂstanÂden. Wie lässt sich die Ästhetik seriÂelÂler Fertigung beschreiÂben und welÂche Auswirkungen hat sie auf das Wohnen? Gibt es eine „Ethik“ des Plattenbaus und lebt in ihm auch heuÂte noch die Utopie von der Gleichheit aller Menschen?
Themen:
1. Verortung. Auseinandersetzung mit Grünau aus aktuÂelÂler und hisÂtoÂriÂscher Perspektive
2. Ästhetik der Platte. Typus und Ornament, Form und Vision, Auswirkung auf Wohnen und Wahrnehmung
3. Globale Perspektive. Großwohnsiedlungen und Plattenbau international
4. Blick in die Gegenwart und Zukunft. Aufwertung, Abwertung, Bewertung, Verwertung, Verdrängung
5. Architektur, Kunst und Stadtentwicklung
Ausgangspunkt der Diskussion ist der konÂkreÂte Ort Grünau. Sowohl Planung und Aufbau der Siedlung als auch die heuÂtiÂge Lebensrealität der Bewohner_innen steÂhen im Fokus ersÂter Annäherungen. Auf dieÂser Basis folgt eine Auseinandersetzung mit der Ästhetik seriÂelÂler Fertigung. Ein weiÂteÂres Panel schaut auf andeÂre Länder, wobei die Grands Ensembles in Frankreich und Siedlungen in China im Vordergrund steÂhen. Können uns dieÂse Siedlungen Antworten darÂauf geben, wie die Wohnungsfrage für eine wachÂsenÂde Anzahl von Menschen zu lösen ist und ob das Experiment geplanÂter Urbanität gelinÂgen kann?
Insbesondere die groÂßen „Wohnmaschinen“ wurÂden in der Vergangenheit als inhuÂman geschmäht, rücken jedoch inzwiÂschen wieÂder in den Fokus jünÂgeÂrer Generationen. In der Platte zu wohÂnen ist heuÂte wieÂder eine legiÂtiÂme Option. Dies eröffÂnet neue Perspektiven auf zukünfÂtiÂges Wohnen und den Umgang mit Großwohnsiedlungen. Gleichzeitig entÂdeÂcken aber auch Investoren auch den Plattenbau zur Verwirklichung neoÂliÂbeÂraÂler Interessen. Was bedeuÂtet das für die Bewohner_innen des Viertels? Sind bald auch Großwohnsiedlungen Austragungsorte von „Gentrifizierungskämpfen“?
Touren entÂlang der im Rahmen des Festivals RASTER : BETON entÂstanÂdeÂnen Kunstwerke bilÂden den Auftakt am 24. Juni – eine ganz prakÂtiÂsche und direkÂte Möglichkeit, über die Aneignung des Ortes und desÂsen Reflexion mit den Mitteln der Kunst zu disÂkuÂtieÂren. Können durch künstÂleÂriÂsche Interventionen monoÂfunkÂtioÂnaÂle Plätze belebt und verÂänÂdert werÂden? Wie kann Beteiligung angeÂregt und ein andeÂrer Blick auf das Wohnumfeld aktiÂviert werÂden? Und wie ist es um die Nachhaltigkeit von derÂlei Projekten bestellt? Hier ist auch der Moment, selbstÂkriÂtisch zu fraÂgen, welÂche Rolle Kunst und Künstler_innen im Immobilien-Bewertungskarussell spieÂlen, wenn sie sich Stadtteilen widÂmen, die bisÂher kaum im Fokus der öffentÂliÂchen Wahrnehmung standen.
Das Symposium ist interÂdisÂziÂpliÂnär angeÂlegt und bringt Architekt_innen und Stadtplaner_innen, Künstler_innen und Bewohner_innen des Stadtteils an einem zenÂtraÂlen Veranstaltungsort in Grünau zusammen.
Programm
24. Jun: Schwerpunkt Kunst vor Ort
ab 11 Uhr
Touren in Grünau
mit den Künstler_innen der Residenzen
16 bis 17 Uhr
Die Künstler_innengespräch – Podiumsdiskussion
mit den anweÂsenÂden Künstler_innen, Moderation: Patrick Primavesi (Professor für Theaterwissenschaft, Institut für Theaterwissenschaften Leipzig)
Ort: Völkerfreundschaft, Stuttgarter Allee 9, Grünau
19 Uhr
„Wie Häuser altern auch Stadtteile…“ – Die Normalisierung der Moderne
Wolfgang Kil, Publizist und Architekturkritiker, Berlin
Ort: Völkerfreundschaft, Grünau
25. Jun: Vorträge
Ort: Völkerfreundschaft, Grünau
Verortung – Grünau aus aktuÂelÂler und hisÂtoÂriÂscher Perspektive
10 Uhr
Geplantes und Gebautes – Was ist das Besondere an Grünau?
Thomas Hoscislawski, Stadtplanungsamt Leipzig
10.30 Uhr
Phantom Urbanism. Leipzig-Grünau in den 2000ern
Ines Weizman, Professorin für Architekturtheorie, Bauhaus-Universität Weimar
11 Uhr
Weiterbauen in Grünau
Juliana Pantzer, Amt für Stadterneuerung und Wohnungsbauförderung, Gebietsverantwortliche Grünau
11.30 bis 12 Uhr: Diskussion
Typus und Ornament – Wirkung und Wahrnehmung von Plattenbauten
12 bis 12.30 Uhr
Genormte Platten, genormÂtes Wohnen? Die Ästhetik seriÂelÂler Fertigung und das utoÂpiÂsche Potential der Platte (mit Diskussion danach)
Simone Hain, Univ.-Professorin für Stadt und Baugeschichte, Universität Graz
Der Geist der Moderne – Großwohnsiedlungen und Plattenbauten als interÂnaÂtioÂnaÂles Phänomen
14.00 Uhr
Le Monde des Grands Ensembles – Life and death of french big housing estates
Annie Fourcaut, Professorin am Zentrum für Sozialgeschichte des 20. Jh., L’Université Paris 1 Panthéon Sorbonne
14.30 Uhr
Megacities – Neue Siedlungen in chiÂneÂsiÂschen Metropolen
Dieter Hassenpflug, Soziologe, Professor, Bauhaus-Universität Weimar
15 bis 15.30 Uhr: Diskussion
Aufwertung, Abwertung, Verwertung – Wem gehört die Platte?
16 Uhr
Wohnen im Portfolio – Großwohnsiedlungen und Immobilienspekulation
Stefan Rettich, Professor für Städtebau, Universität Kassel/ KARO* architekten
16.30 Uhr
Art, Emotion and Activism in the Post-Socialist Cityscape in Eastern Europe
David Crowley, Curator, Professor for Critical Writing, Royal College of Art, London
17 bis 17.30 Uhr: Diskussion
18 Uhr
Podiumsdiskussion
Kunst und Stadtentwicklung – Mögliches, Unmögliches
mit: Stefan Rettich, Folke Köbberling, Sigrun Kabisch (Professorin am Zentrum für Umweltforschung Leipzig)
Moderation: Andreas Höll, Kunst- und Architekturkritiker