FLUCHT IN DIE ÖFFENTLICHKEIT
„Flucht in die Öffentlichkeit“ beschreibt die bewusste Bewegung nach Außen als eine mögliche Strategie künstlerischer und politischer Arbeit. Häufig in Zusammenhang mit der Enthüllung belastender Informationen verwendet, für die Informant*innen die größtmögliche Plattform suchen, beschreibt der Begriff, wie die Öffentlichkeit als Absicherung eingesetzt wird. Sichtbarkeit wird hierbei als Kontrollmechanismus genutzt, bei dem das öffentliche Meinungsbild zur Unterstützung kritischen Handelns herangezogen wird. In der DDR wiederum bedeutete die „Flucht in die Öffentlichkeit“ Unbeirrbarkeit und Zusammenhalt nach Außen zu demonstrieren, als Gegensatz zu den unterschwelligen und zersetzenden Vorgehensweisen des Staatsapparates.
Ausgehend von diesem Begriff geht das f/stop Festival dem Verhältnis von Sichtbarkeit und Widerständigkeit in Fotografie und Film nach und fragt, wie politische Praxis ins Bild gesetzt werden kann, ohne ihre Handlungsfähigkeit zu beeinträchtigen. Das Festival versammelt Praktiken an der Schwelle von individueller Fürsorge und gesellschaftlicher Wirksamkeit aus historischer und zeitgenössischer Perspektive und beleuchtet die politische Dimension der Bilderzeugung vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Debatten und globaler Krisen. Ein besonderes Augenmerk wird auf archivarische Zugänge gelegt und deren fürsorgliche Verantwortung gegenüber der Vergangenheit betrachtet.
Die 10. Ausgabe des f/stop – Festival für Fotografie Leipzig wird sich in das Stadtzentrum und in den öffentlichen Raum ausweiten und verschiedene Ausstellungsräume bespielen. Durch Displays im öffentlichen Raum wird das Zentrum Leipzigs als Aushandlungsort gesellschaftlicher Themen genutzt. So wird mittels verschiedener ortsspezifischer und mobiler Formate die Ausstellung auch physisch in den öffentlichen Raum gebracht. Die Flucht in die Öffentlichkeit wird somit auch auf räumlicher Ebene des Festivals stattfinden und soll den Versuch unternehmen, die Stadt, ihre fragmentierten Öffentlichkeiten sowie ihre Institutionen mittels fotografischer und filmischer Praxis mit aktuellen und drängenden Fragen unserer Gesellschaft herauszufordern.