Unser Jahresthema 2023: Radikale Fürsorge
CARE – Ein Schlagwort, das gegenwärtig inflationär gebraucht wird. Doch trotz humanitärer Krisen und gewalttätiger Konflikte weltweit, anhaltender geschlechtsspezifischer Ungleichheit, einer drohenden Klimakatastrophe und zwei Jahren Pandemie hat sich noch immer nicht der Eindruck eingestellt, dass Fürsorge für andere, sich selbst und für die Umwelt wirklich als elementar für das Funktionieren von (modernen) Gemeinschaften betrachtet und wertgeschätzt wird. Gleichzeitig ist Self-Care als Life-Style-Konzept die Kapitalisierung von selbstwertschätzendem Verhalten schlechthin.
Dennoch hat Fürsorge als tragendes Prinzip von Gesellschaft durchaus utopisches Potential, auch über die Grenzen von menschlichen Begegnungsräumen hinaus. Welche Kompetenzen braucht es jedoch, um überhaupt sorgen zu können? Welche Praktiken von Care gibt es? Welche Konsequenz hätte es für unsere aktuelle gesellschaftliche, ökologische, politische und wirtschaftliche Realität, wenn Fürsorge als bestimmendes Prinzip gelten würde? Welche Strategien füreinander sind in einer funktionier-enden Gesellschaft denkbar? Wie können diese künstlerisch reflektiert, untersucht und erprobt werden?
Ausserdem möchten wir bestehende Care-Handlungen oder das Fehlen dieser auch im Kunstkontext befragen. Welche Möglichkeiten schaffen wir auch als Kunstraum, damit auch Kunstarbeiter:innen, die z.B. als Eltern oder pflegende Angehörige zusätzlich Fürsorgearbeit leisten, sich aktiv an Diskursen beteiligen können, ohne sich für das eine und gegen das andere entscheiden zu müssen?