16.6. – 31.7.16

RASTER : BETON – Festival für Architektur und Kunst in Leipzig-Grünau

Festival

Foto: Julia Debus

Zehn

Künstler:innen  Bruit du Frigo, zukunftsgeraeusche, Folke Köbberling, Julischka Stengele, Daniel Theiler, Margret Hoppe, Andrea Pichl, Laurent Kronental, Ginan Seidl und Ray Peter Maletzki, Anne-Valérie Gasc und weitere

Zeit  19:00 – 00:00

Kuratiert durch  Juliane Richter, Hannah Sieben

Festivalhomepage (Infos, Videos, Rückblick, Pressespiegel): raster-beton.de
Publikation

Eröffnung
Symposium: Grünau 40 – Von hier aus betrachtet
Filme in der Halfpipe, im Kunstraum, im Garten

Das Festival RASTER : BETON betrach­tet Architektur und das Leben in Großwohnsiedlungen aus der Perspektive zeit­ge­nös­si­scher Kunst.

»Jeder Platz braucht Zeit, um ein Ort zu wer­den« Dieser Satz von Oswald Mathias Ungers ist zugleich Entschuldigung und Zustandsbeschreibung von Großwohnsiedlungen welt­weit. Entstanden sind sie aus dem Geist der Moderne unter diver­gie­ren­den kul­tu­rel­len, poli­ti­schen und räum­li­chen Bedingungen, jedoch nach ähn­li­chen kon­struk­ti­ven Methoden und stadt­pla­ne­ri­schen Leitbildern.  2016 jährt sich die Grundsteinlegung Grünaus zum 40. Mal – ein idea­ler Zeitpunkt, sich der „Platte“ als ästhe­ti­sches und kon­struk­ti­ves Element, als Wohnraum und Symbol und ihren sozia­len und poli­ti­schen Zuschreibungen und Zukunftspotentialen in einer wach­sen­den Stadt wie Leipzig zu wid­men. RASTER : BETON rich­tet sich an Grünau-Neulinge und lang­jäh­ri­ge Bewohner_innen, Kunstschaffende und Architekturexpert_innen. Dabei fun­giert die Platte nicht nur als Kulisse, son­dern dient zugleich als Anschauungsobjekt und Diskussionsgrundlage in Zeiten von Zuwanderung, Mietpreisbremse und fort­schrei­ten­der Wohnraumknappheit.

Grünau ist überall

Leipzig-Grünau ist das zweit­größ­te Plattenbaugebiet in der ehe­ma­li­gen DDR und heu­te die größ­te Plattenbausiedlung Sachsens. Vierzig Jahre sind nun­mehr seit der Grundsteinlegung von Grünau ver­gan­gen. Das sind vier Jahrzehnte, die sowohl das Antlitz der geplan­ten Siedlung als auch deren Bewohner_innen ver­än­dert haben.

Die Architektur stellt uns heu­te rele­van­te Fragen: Wie ent­steht aus einem Platz, der schein­bar ohne Tradition ist, ein iden­ti­täts­stif­ten­der Ort? Wie eig­nen sich die Bewohner_innen ein sol­ches Viertel an? Wo fin­det sich Individualität im Massenwohnungsbau? Was ist in kapi­ta­lis­ti­scher Zeit noch übrig von der Utopie der Erbauerzeit? Hat die Shoppingmall den sozia­lis­ti­schen Kulturbau ersetzt? Das Festival möch­te die­se Fragestellungen bün­deln. Statt exo­tisch anmu­ten­der Bespielung eines Leerraums, statt pathe­ti­scher Überhöhung der Vergangenheit, geht es uns um das Anstoßen einer Debatte mit den Mitteln der Kunst. Das Festival lädt Kultur‑, Geschichts- und Architekturinteressierte, Tourist_innen und Architekt_innen dazu ein, wäh­rend die­ses mehr­wö­chi­gen, mul­ti­lo­ka­len Festivals über das glo­ba­le Phänomen nach­zu­den­ken und neue Perspektiven auf ein loka­les zu gewin­nen. Sich dem Beispiel Grünau zu wid­men hat das Potential, die Gegenwart des Wohnens vor Augen zu füh­ren und ihre Zukunft zu ima­gi­nie­ren. Ein Thema, was kei­nes­falls lokal beschränkt ist, son­dern glo­ba­le Bedeutung hat. Ob in Berlin-Marzahn, München-Neuperlach, Toulouse-La Mirail oder Moskau-Saburowo – Grünau ist überall.

Die vier Elemente des Festivals

Eine Ausstellung zeit­ge­nös­si­scher Kunst im D21 Kunstraum Leipzig zeigt künst­le­ri­sche Positionen aus Deutschland und Frankreich zu Großwohnsiedlungen und Plattenbauten. Künstler_innen vor Ort ent­wi­ckeln wäh­rend zwei­mo­na­ti­ger Aufenthalte orts- und kon­text­spe­zi­fi­sche, par­ti­zi­pa­ti­ve Arbeiten unter Einbindung der Bewohner_innen. Ein inter­dis­zi­pli­nä­res Symposium führt Positionen von Referent_innen, Bewohner_innen, loka­len Initiativen und Künstler_innen zusam­men. Das Rahmenprogramm, bestehend unter ande­rem aus einer Filmreihe, Stadtspaziergängen und kunst­ver­mit­teln­den Angeboten, sowie beglei­ten­de Satelliten-Programme, run­det das Festival ab.

Ausstellung im D21

Die Inszenierung fran­zö­si­scher Grands Ensembles und ost­deut­scher Großwohnsiedlungen in Fotografie, Video und Installation ist Thema der Ausstellung. Sie ist Teil des Festivals RASTER : BETON im D21 Kunstraum und Leipzig-Grünau.

Das urba­ne Narrativ einer Architektur für die Massen und die indi­vi­du­el­le, per­sön­li­che Geschichte ihrer Bewohner_innen stellt Laurent Kronental ein­an­der gegen­über – die Architektur wird zum monu­men­ta­len Panorama in mys­ti­scher Atmosphäre. Halle-Silberhöhe ist Schauplatz einer Erkundungstour und rea­ler Gegenstand der Aneignung durch die Praxis des Wohnens bei Ginan Seidl und Ray Peter Maletzki. Margret Hoppe abs­tra­hiert das Äußere von Le Corbusiers Wohnmaschinen in Berlin und Marseille und fokus­siert den Eigenwert ihrer Farbigkeit und Materialität und auch Andrea Pichls Installation zu Leipzig-Grünau zeigt mate­ri­el­le Qualitäten und Risse im archi­tek­to­ni­schen Gefüge auf. Anne-Valérie Gasc hin­ge­gen doku­men­tiert die Zerstörung fran­zö­si­scher Wohntürme und insze­niert die Gewalt gegen­über Architektur in einer bei­na­he kind­li­chen Euphorie. Hinter allem schwebt die Fragen nach der sich in jener Architektur mani­fes­tie­ren­den Utopie und ihrer Realitätstauglichkeit im Heute; den Ursprüngen einer inter­na­tio­na­len Moderne und der heu­ti­gen Perspektive auf sie.

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