20.4. – 2.7.23

Which Gender Has Care?

Ausstellung

Radikale Fürsorge

Eröffnung  20. April 2023, 19 Uhr

Ausstellungsdauer  20.4. – 2.7.23

Führung  10.06.2013

Künstler:innen  Berenice Güttler, bones tan jones, hannsjana, Jonas Lund, Lauryn Youden, Lê Mariables, Nadja Buttendorf, OMSK Social Club, Sebastian Körbs, Sheila Seyfert Menzel, Suzanne Treister, Threads and Tits

Kuratiert durch  Yvonne Zindel

In einer sich wan­deln­den Ausstellung und in zwei Veranstaltungen geht das Projekt „Which Gender Has Care?“ dem prak­ti­schen Potenzial der 4‑in‑1 Perspektive nach Frigga Haug für die Künste nach.
Haugs Ansatz ist der Versuch, eine neue, femi­nis­ti­sche Perspektive auf Arbeit zu ent­wi­ckeln. Sie iden­ti­fi­ziert vier mensch­li­che Tätigkeiten: im Erwerbsleben, in der Sorge um sich selbst und ande­re („Care-Arbeit“), in der eige­nen Entwicklung („Self-Care“) und in der poli­ti­schen Arbeit, die auf die Individuen in glei­chen Proportionen ver­teilt wer­den sol­len. Die 4‑in‑1 Perspektive greift ein bei unse­ren Vorstellungen von Arbeit, von Geschlechterverhältnissen, von der Verantwortung für sich selbst – und schließ­lich bei der Gestaltung der Gesellschaft durch poli­ti­sches Engagement.

Die Kuratorin Yvonne Zindel forscht und arbei­tet ins­be­son­de­re zu Möglichkeiten und Herausforderungen von Digitalität und Nachhaltigkeit. In Ausstellungen, Salons und Veranstaltungsreihen setzt sie sich mit NFTs, Blockchain und Degrowth sowie den Möglichkeiten für ein deko­lo­nia­les, anti­ras­sis­ti­sches, femi­nis­ti­sches und inklu­si­ves Kuratieren und Vermitteln auseinander.

„Which Gender Has Care?“ ver­än­dert sich wäh­rend sei­ner Laufzeit lang­sam vom Schwerpunkt „Lohnarbeit“ in Akt 1 zum Schwerpunkt „Selbstfürsorge“ in Akt 3. Leider sind die­se bei­den Pole in unse­ren hyper­ka­pi­ta­lis­ti­schen Zeiten eng mit­ein­an­der ver­knüpft, was sich etwa in der Arbeit von Threads and Tits zeigt. Das Designer-Duo aus Berlin sorg­te bei der Berlin Fashion Week im Januar 2023 für Irritation. In ihrer „Adidas Reality Wear Show“ prä­sen­tier­ten geschun­de­ne Models Outfits, die die schlech­ten Arbeitsbedingungen von adi­das thematisieren.
In der Webserie Robotron – a tech ope­ra setzt sich Nadja Buttendorf, inspi­riert durch die eige­ne Familiengeschichte, mit den poli­ti­schen, mate­ri­el­len und sozia­len Bedingungen im VEB Kombinat Robotron, dem größ­ten Computerhersteller der DDR, aus­ein­an­der. The Future of Nothing von Jonas Lund umfasst eine Reihe kur­zer Erzählungen, die über die Folgen von Automatisierung und KI für die Kunstwelt und dar­über hin­aus spe­ku­lie­ren. Sebastian Körbs beschäf­tigt sich eben­falls mit der Zukunft der zeit­ge­nös­si­schen Kunst: sei­ne Arbeit Nabla Delta fragt nach der Abgrenzung von Kunst, Kunsthandwerk und Design – und dem Erhabenen, Göttlichen in Zeiten von KI und AI. OMSK Social Club wid­met sich dem Spirituellen in Form eines Games. Das Spielbrett The Living Virtual Theatre wur­de mit Blick auf die Architektur des World Wide Web ent­wor­fen. Das Game wird am 20.04. mit einer Performance eröff­net. Suzanne Treisters Aquarelle „HFT (the gar­de­ner)“ ent­stam­men aus einer Reihe von Zeichnungen und Computerarbeiten, die sie der fik­ti­ven Figur Hillel Fischer Traumberg (HFT) zuschreibt.

Die ab dem 13.05. gezeig­ten Arbeiten beschäf­ti­gen sich in Akt 2 mit „Care“ im Sinne von Sorgearbeit. Lê Mariables beleuch­ten ihre eige­ne Perspektive auf das Thema, wobei sie die Fürsorge unter­su­chen, die sie selbst geben oder emp­fan­gen und pro­du­zie­ren dar­über einen Podcast. Ein Bett lädt zum ent­spann­ten Nachhören ein.
Berenice Güttler unter­sucht in ihren zar­ten Aquarellen die Rolle der Frau als Caretakerin, als Gefäß, als Öffnung. Die dar­ge­stell­ten Figuren schei­nen sich jedoch gegen die Zuschreibungen als etwas zu Füllendes zu verwehren.

Am 10.06. schließ­lich wer­den für Akt 3 wei­te­re künst­le­ri­sche Positionen aus­ge­tauscht und ergänzt: bones tan jones zeigt Tectonic Incantations, eine Arbeit, die sich auf den chi­ne­si­schen Schöpfungsmythos von Pangu bezieht. Hier weicht Selbstfürsorge einer radi­ka­len Sorge um den Planeten, um eine rege­ne­ra­ti­ve Zukunft zu ent­wer­fen. Lauryn Youden erin­nert mit Lockdown 2020 an unse­re all­zu sterb­li­chen Körper und ihre Zerbrechlichkeit, die drin­gend Selbstfürsorge – und poli­ti­sche Verantwortungnahme – benötigen.

Radikale Fürsorge

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