Im Rahmen der Ausstellung Codex zeigt Laura Horelli ihren Film „Jokinen“ (Finnland 2016, 45‘). Anschliessend findet ein Gespräch mit ihr, der Klasse Expanded Cinema, Lena von Geyso und Elisabeth Pichler statt.
Im Jahr 1931 brachte der sogenannte Yokinen-Prozess, den die Kommunistische Partei der USA in Harlem, New York organisierte, den Finnen August Jokinen ins Zentrum des öffentlichen Interesses. Jokinen, Hausmeister im Finnischen Arbeiterclub, wurde vorgeworfen, drei afroamerikanische Kommunisten während eines vom Club ausgerichteten Tanzabends nicht vor rassistischen Anfeindungen verteidigt zu haben. Nach seinem Schuldeingeständnis wandelte sich Jokinen zu einem Vorkämpfer für Bürgerrechte und trat in dieser Funktion öffentlich auf, bis er wegen seiner Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei verhaftet und nach Finnland ausgewiesen wurde. Laura Horelli erzählt Jokinens Migrationsgeschichte in einer Mischung aus historischer Recherche, Detektivgeschichte und Bastelstunde. Sie arrangiert ihre Archivfunde – Zeitungsartikel, Bücher, Fotos – auf einer Tischplatte, positioniert sie zueinander, unterstreicht, schneidet aus, deckt ab und malt aus. Die so entstehende ‚analoge Desktop-Doku‘ folgt August Jokinens öffentlicher Erzählung bis in die Gegenwart – zu einer Mailboxnachricht auf einem russischen Mobiltelefon.
(Text: Berlinale Forum Expanded, 47. Berlinale Forum 2017)