Das Programm des D21 Kunstraum 2018 fragt nach der Politik der Emotionen. Wie beeinflusst, transformiert, bewirkt oder verstärkt Kunst Affekte und Emotionen und welche Rolle spielen sie für das Subjekt in der Gesellschaft? Emotionen haben in den letzten Jahrzehnten immer mehr an Bedeutung für das gesellschaftliche Zusammenleben gewonnen. Die Massenmedien erzeugen seit dem frühen 20. Jahrhundert Gefühle, um das Publikum an sich zu binden. Im Internet werden emotionale Inhalte transportiert – es entsteht eine Art psychotischer Sumpf aus Affekten und emotionalen Feedbackschleifen.
Unsere Emotionen sind so öffentlich wie nie: Wir verschriftlichen sie und drücken sie durch Emojis aus, sie werden maschinenlesbar, ökonomisch und politisch leichter nutzbar, immer vorhersagbarer, immer beeinflussbarer. Das zeigt auch ein Experiment von Facebook, das 2012 die Stimmung tausender Nutzer*innen manipulierte: In den Timelines filterte es Posts mit positiven beziehungsweise negativen Emotionsäußerungen und maß anschließend die „Ansteckungseffekte“. Nach der Wahl von Donald Trump zum Präsident der USA gab die kleine Londoner Firma Camebridge Analytica bekannt, dass es ihre Methode der Sentiment Analysis Trumps Wahlkampfteam erlaubt hätte, Menschen mit individuell auf ihre Ängste und Wünsche zugeschnittener Werbung anzusprechen. Und wäre Trump ohne das Internet als Affektverstärker überhaupt Präsident geworden.
Seit der Aufklärung ist es in der westlichen Welt ein Ziel, Emotionen und Vernunft voneinander zu trennen: Gefühle sollen privat sein, Politik und Öffentlichkeit sind durch rationale Debatten geprägt. Heute, so scheint es, haben sich die Verhältnisse gedreht: Im Privaten rationalisieren wir unsere Gefühle und verwandeln sie in Waren, wie die Soziologin Eva Illouz anhand der Analyse von Online-Partnersuchdiensten beschreibt. Unsere mediale und politische Öffentlichkeit ist dagegen von Affekten und Charisma geprägt.
Im Jahr 2018 spiegelt jede Ausstellung im D21 einen anderen emotionalen Zustand. Die künstlerischen Arbeiten fragen mit Freud, wie das Subjekt durch die Integration des Denkens mit dem Gefühl die Realität erkennen und die Bedürfnisse anderer wahrnehmen kann. Dabei suchen sie nach alternativen Wegen, Verstand und Emotionen, Körper und Geist neu zu verbinden.